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Monat: April 2015

Das war’s

Frühling lässt sein blaues Band
wieder durch die Lüfte flattern.
Jeder will am Wegesrand
einen Sonnenplatz ergattern.

„Aufbruch“ – das Gebot der Stunde!
Wer das zarte Grün gerochen,
der verbreitet diese Kunde,
kommt aus seinem Loch gekrochen.

Nur ein altes krankes Wesen
lässt sich nicht von all dem locken,
bleibt – wie Trinker sonst am Tresen –
in der dunklen Höhle hocken.

Denn es meidet schon seit Jahren
frische Luft und Sonnenschein,
um sich Blässe zu bewahren
und nicht feurig rot zu sein.

Somit sitzt es alle Märze,
wenn die ersten Knospen springen,
still und schwach in tiefer Schwärze,
statt ein Aufbruchslied zu singen.

In die Dunkelheit entschwunden,
fern von Klatschmohn, Licht und Klee,
wird das Wesen kaum gesunden …
Tja, das war’s wohl, SPD.

Michael Feindler 2015

Euch fremd

Kontrolle, die Ihr niemals hattet,
bleibt Illusion für alle Zeit.
Von Euren Ängsten überschattet,
erreicht Ihr keine Sicherheit.

Denn diese lässt sich nicht gewinnen,
indem Ihr gegen Fremdes hetzt,
statt dass Ihr Euch damit bei Sinnen
in Ruhe auseinandersetzt.

Nur wer das Fremde wirklich kennt –
das heißt, es wahrnimmt, nachvollzieht
und mit Respekt beim Namen nennt –,
wird merken, dass er klarer sieht.

Und alles, was Ihr nicht versteht,
erhöht in Euch die Angst davor.
(Doch ist der Hinweis obsolet,
leiht Ihr Bekanntem bloß ein Ohr.)

Im Grunde sind wir alle gleich:
Wie jeder Mensch es in sich trägt,
tragt Ihr das Fremde auch in Euch.
Ihr habt es nur nicht ausgeprägt.

So habt Ihr viele fremde Seiten,
die Euch – obwohl Ihr sie grad hemmt –
verkümmert und beschränkt begleiten.
Letztendlich seid Ihr selbst Euch fremd.

Michael Feindler 2015

Erzieher verdienen mehr – wie soll das denn funktionieren?

Ja, natürlich fordern die Erzieherinnen mehr Geld. Würde ich an deren Stelle auch. Aber wie soll das denn strukturell funktionieren? Das Geld ist einfach nicht da. Glaubt Ihr, so ein kommunaler Kassenwart hat Spaß daran, den Erziehern Gehaltserhöhungen zu verweigern? Bei dem Thema kann man doch wirklich jeden fragen – ich habe bisher niemanden gehört, der mir erzählt hätte, Erzieherinnen würden genug verdienen. Es ist auch allen klar, dass die einen wichtigen Job machen und viel Verantwortung tragen. Aber wie soll das bezahlt werden? Irgendwie scheint sich niemand zu trauen, das Problem endlich konsequenter anzugehen. Es gäbe nämlich eine politische Lösung: die Kinderbetreuung dürfte nicht länger in der Hand der Kommunen liegen. Sie dürfte überhaupt nicht mehr in staatlicher Hand liegen. Wir haben hier in Deutschland vor Jahren den Fehler gemacht, den Arbeitsmarkt zu liberalisieren, ohne bei den sozialen Einrichtungen ähnlich konsequent zu sein. Auf einem freien Markt wäre das Problem der Gehälter für Erzieher längst gelöst. Einfaches Prinzip von Angebot und Nachfrage: Das Angebot an Kindergärten ist begrenzt, die Nachfrage steigt bereits seit Jahren, die Kunden – also in diesem Fall die Eltern – konkurrieren um freie Betreuungsplätze – und zack – würden auf einem freien Markt automatisch die Preise für die Betreuung steigen. Und im Anschluss könnten höhere Gehälter für Erzieherinnen gezahlt werden. So leicht wäre das.
Aber im Moment traut sich niemand an diese Lösung heran. Verstehe ich nicht. Dass man da so Hemmungen hat. Wir sind doch sonst nicht so gehemmt, wenn es um Liberalisierungen geht. Ob bei der Arbeit oder beim Handel. Wir haben viel mehr Probleme damit, wenn ein kärglicher Mindestlohn eingeführt werden soll – für den es auch noch massenhaft Ausnahmen gibt. Unterhaltet Euch doch mal mit einem selbstständigen Subunternehmer darüber, was der so verdient. Der ist ja nicht wirklich Unternehmer – der ist vor allem „sub“. Und man kam ihm nur wünschen, dass er kein Latinum hat und stattdessen lieber der romantisch-verklärten Vorstellung nachhängt, die Vorsilbe „sub“ sei von der wärmenden Suppenküche abgeleitet.
Aber jetzt mal angenommen, der Vati trägt als Subunternehmer Pakete aus – der kann davon keine Familie ernähren. Dann ist es ganz normal, dass die Mutti ebenfalls in Vollzeit arbeiten muss. Und natürlich braucht das Kind dann einen Betreuungsplatz.
Schlussendlich haben wir durch die Lohnentwicklung der vergangenen Jahre selbst für den steigenden Bedarf an KiTa-Plätzen gesorgt. Es bleibt jedoch die Frage: Wenn wir uns immer wieder selbst darin bestätigen, dass die Liberalisierung des Arbeitsmarktes wirtschaftlich richtig war und dass Deutschland gerade deswegen gut in Europa dasteht – warum sind wir bei der Liberalisierung des Kindergarten-Marktes so zurückhaltend? Verstehe ich nicht. Die Erzieher würden es uns danken. Es gäbe mit Sicherheit satte Gehaltserhöhungen,
Und wenn jetzt der Einwand kommt, manche Familien könnten sich die Betreuungsplätze auf einem liberalisierten Kindergarten-Markt nicht mehr leisten, kann man konsequenterweise nur sagen: Das ist dann eben so. Es muss jeder Mensch selbst wissen, ob er unbedingt Kinder großziehen will. Für eine solche Entscheidung ist doch nicht die Gesellschaft verantwortlich. Wir leben in einem freien Land, in dem sich jeder selbst überlegen darf, wie er mit den Sachzwängen am besten klarkommt.

Das ändert selbstverständlich nichts daran, dass ein Subunternehmer mit Latinum das Gefühl bekommt, der exzessive Gebrauch des Wortes „liberal“ sei in solchen Zusammenhängen zynisch. Erst recht, wenn es nicht bloß um Arbeit und Löhne geht, sondern um Kinder und die Zukunft unserer Gesellschaft. Natürlich täte eine Liberalisierung des Kindergarten-Marktes vielen Menschen weh. Keine Frage. Aber es wäre mit Sicherheit nicht so schmerzhaft wie das offene Eingeständnis, dass wir politisch nicht bereit waren und sind, die Leistungen von Erzieherinnen und Erziehern, die an einer Schlüsselstelle der gesellschaftlichen Entwicklung sitzen, so anzuerkennen und zu würdigen, wie diese Menschen es verdienten.

Michael Feindler 2015