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Michael Feindler Posts

Wir Geister, die ihr rieft

(frei nach J. W. Goethes Zauberlehrling)

Hat der Staat im Bildungswesen
sich doch einmal wegbegeben.
Immer wieder war zu lesen,
das sei absolut daneben.
Tief sitzt diese Wunde,
näht sie bloß nicht zu!
Nutzen wir die Stunde
für den Meister-Coup!

Dank der Lücken,
die da klaffen,
lässt sich’s schaffen
abzuschätzen,
wie wir uns mit Lorbeer’n schmücken
und die Staatsmacht fix ersetzen!

Lasst uns neue Schulen gründen,
aber solche, die was kosten!
Die Idee wird sicher zünden –
erst im Westen, dann im Osten.
Denn die Eltern blechen,
wenn sie sicher sind:
Das, was wir versprechen,
halten wir beim Kind!

Füllt die Lücken,
die da klaffen,
dass wir’s schaffen
(statt zu schwätzen)
bald im Staate durchzudrücken,
ihn in Teilen zu ersetzen!
Deutsche Universitäten,
fern von Humboldts Idealen,
platzen längst aus allen Nähten
und der Staat kann’s kaum bezahlen.
Denn ums Finanzieren
ist es schlecht bestellt;
besseres Studieren
bieten wir für Geld!

Füllt die Lücken,
die da klaffen,
dass wir’s schaffen
(statt zu schwätzen)
bald im Staate durchzudrücken,
ihn in Teilen zu ersetzen!

Wenn wir bald als Bildungsquellen
kostenlose Arbeitsblätter
Lehrern zur Verfügung stellen,
gelten wir schon bald als Retter
für die leeren Kassen
und im Schulsystem
glaubt man: Wir befassen
uns mit dem Problem!

Füllt die Lücken,
füllt die Löcher,
noch und nöcher
mit Int’ressen!
Schüler soll’n aus freien Stücken
alles, was wir bieten, fressen!

Dazu muss es heut gelingen,
in den Bildungsunterlagen
unsre Werbung einzubringen
für die Lehrer und die Blagen!
Das ist viel subtiler
als man’s von uns kennt.
Jeder dieser Schüler
ist ein Konsument!

Lerne, lerne,
blöder Haufen,
denn zum Kaufen
braucht es Deppen,
die nicht zögern und die gerne
jeden Schrott nach Hause schleppen!

Sind wir Geister erst gerufen,
wollen wir für immer bleiben,
und die Mächte, die uns schufen,
werden uns wohl kaum vertreiben.
Ist sein Geld verflossen,
braucht uns dieser Staat –
lächelnd und entschlossen
schreiten wir zur Tat:

Alle Lücken,
die wir finden
und ergründen
woll’n wir füllen,
und es wird uns stets beglücken,
lebt man dann nach unserm Willen!

Michael Feindler 2012

Nachmittagsfernsehen

Mittwochnachmittags um dreie
gellen unverschämte Schreie
aus der Wohnung über mir.
O-Ton: „Halt die Fresse, Schlampe,
scher Dich nicht um meine Wampe,
hol ma’ lieber neues Bier!“

An den Lärm, der runter dröhnt,
hab ich mich schon längst gewöhnt
und ich hab ein dickes Fell.
Wenn ich jenen Klängen lausch,
weiß ich: Jetzt läuft Frauentausch
viel zu laut auf RTL.

Folglich frag ich mich: Was nun?
Und: Was soll ich bitte tun,
um die Laune hochzuhalten?
Meist ergibt sich, wo ich wohn,
meinerseits die Reaktion,
selbst den Fernseh’r einzuschalten.

Dann wird nachmittags geglotzt,
wie ein Schnurrbartträger motzt
(meist mit Kevin und Chantal).
Fleisch sei voll mit Vitamin,
meint die lispelnde Nadine,
und Salat sei nicht ihr Fall.

Ein Empfänger von Hartz IV
zeigt, dass ein Blatt Klopapier
pro Toilettengang genügt.
Fällt auch das Niveau ins Tal,
steigt der Spaß proportional
und die Fernsehzeit verfliegt.

Doch ein Spaß erfreut noch mehr,
schickt man diesen hin und her –
meist als Youtube-Link im Netz.
Denn die allergrößten Lacher
werden erst geteilt zum Kracher –
das ist menschliches Gesetz!

Und so schauen wir in Massen
etwas, das wir schwerlich fassen
und was furchtbar blöd erscheint.
Aber alle lachen herzhaft
und wir fragen manchmal scherzhaft:
„Ist das wirklich ernst gemeint?“

Viele meinen zu verstehen,
wenn wir diese Grütze sehen,
welcher Sinn dahinter steckt.
Nämlich: Lasst uns Scheiße fressen,
um nicht ständig zu vergessen,
dass Gemüse besser schmeckt!

Wenn wir aber ehrlich wären,
würden wir uns selbst erklären,
dass wir uns den Spaß kaum gönnten,
machte Scheiße nicht bewusst,
dass wir uns – trotz allem Frust –
das Gemüse leisten könnten.

Anmerkung:
Um dich gut zu fühl’n im Leben
und dich grinsend zu erheben,
muss es unter dir was geben,
denn dann kannst du drüber schweben.

Michael Feindler 2012

Liebe auf den ersten Blick

Er glaubte fest im frühen Maie:
Das Schicksal führte ihn zu ihr.
Er saß im Hörsaal, fünfte Reihe,
und sie davor, in Reihe vier.

Ihr braunes Haar fiel leicht und locker,
sie anzuseh’n schien fast vermessen.
Es hätte ihn gewiss vom Hocker
gehauen, hätt er drauf gesessen.

Er musste oft nach vorne linsen:
Ihr Blick war klug und konzentriert,
sie hatte dieses Grübchengrinsen;
sein Inneres war gleich berührt.

Zwar fühlte sich das richtig an,
doch wollte er noch überlegen,
statt bloß zu träumen, und begann,
die nahe Zukunft abzuwägen:

Mal angenommen, diese Frau
(das wusste er ja nicht genau)
wär nicht so jung, wie sie erschien;
am Ende hieße das für ihn,
sie würd ihm in den Ohren liegen
mit Eigenheim und Kinderkriegen.
Vielleicht war’s nicht mehr weit zur Dreißig?
Zwar wirkte sie grad nett und fleißig,
doch wissen Kenner der Natur –
rein biologisch tickt die Uhr.
Auch könnt es sein, dass diese Dame
(ach ja, wie lautete ihr Name?)
noch eine hübsche Schwester hätte,
die wunderbare Menuette
in ihrem Haus zu spielen pflegte
und ihn samt Herz und Geist bewegte –
wodurch er bei der alten Liebe
im Folgenden nur ungern bliebe,
zumal die Schwester jünger wäre –
so stürzte er in die Affäre
mit seiner Schwägerin in spe
und sagte irgendwann „Adé“
zu jener, die jetzt grad was las
und hier im Hörsaal vor ihm saß.
Womöglich lag er gar nicht richtig
und Kinder war’n ihr nicht so wichtig
in ihren nächsten Lebensplänen,
doch sollte er vielleicht erwähnen:
Auf Dauer wär er sicher nicht
der Typ für einen Kind-Verzicht,
denn – wie bei vielen andern Paaren –
wollt er mit fünfunddreißig Jahren
(und ungern später) Vater werden,
um seine Gene hier auf Erden
für Enkel noch zu hinterlassen –
das würd ihm eigentlich gut passen.
Falls diese Frau in Reihe vier
die Zukunftspläne aber schier
unmöglich machte und darauf
bestünde, ihren Lebenslauf
auf Madagaskar fortzusetzen,
dann wär’s wohl schwierig abzuschätzen,
ob sich der Trip zur Insel lohnte
und ob er lieber bei ihr wohnte
als Vater hier im Land zu werden.
Die Reise könnt noch mehr gefährden:
Womöglich stürbe er dann da
an einer Art von Cholera,
bei Palmen, Strand und Himmelblau –
und schuld daran wär diese Frau.
Dann würde er auch nie erfahren,
was mancher Kumpel in den Jahren
der Reise so getrieben hätt,
denn Telefon und Internet
gäb’s sicher kaum im Tropenland –
das wär ihm sonst gewiss bekannt.
Doch wenn die Frau, die er beäugte
(und die sich grad nach vorne beugte,
um dem Dozenten zuzuhören),
womöglich nur in Kammerchören
ein bisschen Brahms und Schubert säng,
dann wär das alles nicht so eng.
Es gäbe dennoch eine Hürde:
Wie lang es ihm gelingen würde,
Gesang zu Hause zu ertragen,
das konnte er nicht sicher sagen.
Und nähme er zudem noch an,
sie würde plötzlich irgendwann …

So spekulierte er im Stillen,
um zum Ergebnis zu gelangen:
Es sprach wohl gegen seinen Willen,
mit dieser Frau was anzufangen.

Als er den Hörsaal dann verließ,
befreit vom Schwärmereigefühl,
und auf die hübsche Dame stieß,
bemerkte er nur knapp und kühl:

„Wir müssen’s gar nicht erst probieren.
Gemeinsam fänden wir kein Glück.“
Doch schien sie wenig zu kapieren.
So ließ er sie verwirrt zurück.

Michael Feindler 2012

Im Chat

hey du – zweimal kleines Dach –
bist du grad noch on und wach –
Punkt, Punkt, Punkt und Fragezeichen –
kann dich nicht im chat erreichen –
Komma – reagier mal drauf –
Doppelpunkt und Klammer auf –
sitze hier und bin echt voll
rofl, keine peilung, lol –
draußen wird’s schon wieder hell –
Komma – HDGDL –
Punkt, Punkt, Punkt – ich geb jetzt ruh –
Semikolon, Klammer zu.

Michael Feindler 2012

Frühlingspläne

Bevor wir, ohne es zu ahnen,
die Lichter dieser Welt erblickten
und taktvoll nach dem Zeitgeist tickten,
begann man uns bereits zu planen.

Wir waren Wunsch, wir waren Wille,
wir waren Sinn und Luxusgut,
denn unsre Existenz beruht
auf der Entscheidung „Kind statt Pille“.

Von uns erwartete man viel.
So tauchten wir im Lebenslauf
nicht bloß in Randnotizen auf,
wir waren ein erklärtes Ziel.

Und was für eins! Wir boten Fläche
für Projektionen, Träumereien,
wir sollten nach Rezept gedeihen –
das war wohl unsre größte Schwäche.

Denn noch bevor wir ansatzweise
den ersten Atemzug getan,
entstand schon ohne uns ein Plan
für unsre weit’re Lebensreise.

In Zukunft sollte alles passen –
wir wurden deshalb keinesfalls
der Chaostheorie des Alls
und blankem Zufall überlassen.

Wir mussten, kurz gesagt, gelingen.
Zwar zählten wir zur Mittelschicht,
doch sollten wir ganz sicher nicht
nur Mittelmäßiges erbringen.

Aus Sicht von anno dazumal
verlangte man auch nicht zu viel.
Die Zeiten wirkten recht stabil,
zum Kinderkriegen optimal.

Man hörte tolle Argumente,
um wieder Kinder großzuziehen:
Uns sollte eine Landschaft blühen
voll Wohlstand, inklusive Rente.

Wir sollten ohne Geldbeschwerden
und allzu festes Rollenbild –
zwar freiheitlich, doch nicht zu wild –
zu unserm Glück erzogen werden.

So malten jene, die uns zeugten,
sich aus, wie wir mal werden sollten,
und nahmen an, dass wir das wollten
und uns den Plänen gerne beugten.

Und schließlich kamen wir zur Welt.
Verwandte hatten längst die Uhr
und Weichen bis zum Abitur
nach bestem Wissensstand gestellt.

Wir konnten dadurch nur verlieren:
Wir sind mit einem Plan gestartet,
doch kam es anders als erwartet.
So lässt sich heute resümieren:

Man hat uns in die Welt gesetzt
und manchen Ratschlag mitgegeben,
bloß hat man – zeigt jetzt unser Leben –
die Zeit stabiler eingeschätzt.

Für alle, die uns planten, gilt:
Ihr müsst uns keineswegs belehren.
Wer weiß schon, wo wir heute wären,
entsprächen wir ganz eurem Bild?

Hört auf, die Angst zu übertragen –
die Angst bezüglich „Sicherheit“.
Das haben wir inzwischen leid.
Wohin’s uns führt, kann niemand sagen.

Und weil das niemand sicher weiß,
gibt’s keinen Grund uns aufzuhalten,
das Leben selber zu gestalten –
im Notfall halt auf dünnem Eis.

Auch wir verspüren diesen Drang,
der jede Jugend aufrecht hält.
Wir wollen leben, denn die Welt
gehört uns einen Frühling lang!

Michael Feindler 2012

Das Schäfchen und der Löwe

Ein Schäfchen sagte zu der Herde:
„Bleibt ihr nur schön bei Gras und Buchen.
Ich geh zur Höhle, denn ich werde
den alten Löwen dort besuchen.“

Die andern Schafe schreckten auf
und warnten das naive Tier:
„Beim Löwen gehst du sicher drauf!
Mach keinen Mist! Bleib lieber hier!“

Das Schäfchen winkte lächelnd ab
(soweit das mit den Hufen ging)
und meinte: „In die Falle tapp
ich keineswegs, denn sehr gering

ist die Gefahr, die heutzutage
vom Löwen auszugehen scheint,
sodass ich zu behaupten wage:
Er ist nicht länger unser Feind.

Erst letzte Woche schrieb er mir
in einem Brief, er freue sich,
stünd ich demnächst vor seiner Tür.
Bis später! Ich verziehe mich!“

Der Wortlaut dieses Briefs verriet:
Genaues Lesen kann nicht schaden;
denn darin wurde explizit
das Tier zum Essen eingeladen.

Das Schäfchen ist nun längst verdaut,
so bleibt alleine die Erkenntnis:
Wirkt manches Raubtier dir vertraut,
so ist das bloß ein Missverständnis.

Michael Feindler 2012

Die Verratenen. Eine Anklage in drei Thesen

„Studenten haben in jedem Jahrzehnt einmal gestreikt“, sagte die Frau und lächelte übertrieben breit in die Fernsehkameras. Sie sprach es so aus, als gewöhne man sich daran. So als redete sie von lästigen Eintagsfliegen, die summend um die Köpfe kreisten, allen auf die Nerven gingen, doch glücklicherweise in absehbarer Zeit den sicheren Tod finden würden.
Wie selbstverständlich gingen ihr die Worte von den Lippen. Sie dachte sich anscheinend nicht viel dabei, überspielte es mit ihrer gekünstelten Freundlichkeit, wie sie es immer tat. Doch für jeden, der sich davon nicht in die Irre führen ließ, waren diese Sätze demaskierend. Gesprochen wurden sie Ende November 2009 von Annette Schavan, der amtierenden Bundesbildungsministerin. Die Worte legten die Überheblichkeit und Ignoranz offen, mit der deutsche Politiker der heutigen Jugend entgegentreten. Seit Jahren können wir es beobachten: Junge Menschen werden in unserem Land nicht ernst genommen – selbst wenn der Versuch unternommen wird, in Form von Protesten auf bildungspolitische Fehlentwicklungen aufmerksam zu machen. Bevor sich Ideen und Kreativität entfalten können, werden sie im Keim erstickt. Wirkliche Persönlichkeiten werden immer seltener, weil es wichtiger ist zu funktionieren als selbstständig zu denken. Menschen verlieren ihre Menschlichkeit, werden stattdessen zu Kunden, Dienstanbietern oder schlimmstenfalls selbst zur Ware. Die Jugend scheint größtenteils bereits kapituliert zu haben. Sie hat sich mit den neuen Umständen abgefunden und passt sich fleißig an. Mit Schrecken können wir feststellen, wie diese Entwicklung kontinuierlich voranschreitet. Wir erleben in Deutschland gerade eine Erziehung zur Konformität, was letztendlich nichts anderes bedeutet als eine Erziehung zur Unmündigkeit. Was wir durch die Aufklärung einst dazugewonnen haben, verlieren wir nun wieder.

Dieser Artikel ist eine Anklage. Die Anklage einer verratenen Generation, von der verlangt wird, dass sie sich stillschweigend in ein bestehendes System integriert, statt innovativ über eigene Pläne und Ziele nachzudenken. Einer Generation, die bei einem Fortschreiten der derzeitigen Entwicklungen künftig nicht in der Lage sein wird, soziale und politische Verantwortung in diesem Land zu übernehmen.
Gleichzeitig ist dieser Artikel ein Aufschrei. Der verzweifelte Aufschrei, der endlich die längst überfällige Grundsatzdebatte anstoßen soll, was wir eigentlich unter dem Begriff „Bildung“ in Deutschland verstehen. Die Kritik an den derzeitigen Verhältnissen darf dabei keinesfalls auf die Kritik am Studiensystem (Bachelor und Master) beschränkt bleiben, wie das nur allzu häufig in der Vergangenheit geschehen ist. Verlässt man nämlich das oberflächliche Pflaster der allgemein bekannten Bildungsdiskussionen und taucht tiefer in die Zustände ein, so ist es dort sehr, sehr finster.

Es mag sein, dass das alles im ersten Moment als schwarzmalerische Behauptung abgetan wird. Beklagen kann sich schließlich jeder. Doch ich weiß, wovon ich spreche, weil ich selbst Teil dieser betroffenen Generation bin. Als Ausgangspunkt für weitere Diskussionen möchte ich drei Thesen ausführen. Jede davon ist eine Teilantwort auf die Frage, die ein Mensch stellt, der sich für den Erfolg von Bildungspolitik interessiert: Was haben wir – die junge Generation – eigentlich gelernt?

These 1: Wir haben gelernt, wie man beschleunigt, aber nicht, wie man bremst.

Spätestens seit den ersten miserablen PISA-Ergebnissen vor neun Jahren, verfolgt die deutsche Bildungspolitik ein höchst fragwürdiges Konzept, das langfristig angeblich zum Erfolg führen soll. Dabei geht es nicht etwa darum, dass man verstärkt auf individuelle Förderung setzt, mehr Lehrpersonal einstellt und die Größe der Lerngruppen verkleinert. Stattdessen scheint es darum zu gehen, den Druck auf Schüler und Studenten so lange zu erhöhen, bis diese gezwungen sind, aus eigener Kraft besser werden. Passende Mittel dazu sind eine erhöhte Prüfungsdichte, sowie eine faktische Verkürzung der Schul- und Studienzeit. Wie wenig solch ein Druck als Heilmittel taugt, weiß jeder, der erkannt hat, dass sich aus einer Orange nur bedingt mehr Saft herauspressen lässt, wenn man sie von außen stärker zusammendrückt. Was fehlt, ist der zusätzliche Saft und – um weiter beim Obstvergleich zu bleiben – eine längere Reifezeit, in der sich mehr Flüssigkeit im Fruchtfleisch ansammeln kann. Zudem steckt hinter der Überlegung, durch Druckausübung erreiche man mehr, ein stark eingeschränkter Bildungsbegriff. Demnach wäre Bildung das, was die Insassen einer Bildungsanstalt eingetrichtert bzw. aufgedrückt bekommen. Außer Acht gelassen wird in diesem Zusammenhang die reflexive Seite des Bildungsbegriffs, die davon ausgeht, dass ein solcher Prozess im Laufe der Persönlichkeitsentfaltung nicht nur von außen nach innen, sondern auch umgekehrt wirkt: Bildung wird auf diese Weise sowohl zu einem Aufnahme- als auch zu einem Weiterentwicklungsprozess. Was für weitreichende Folgen das hat, werde ich in der dritten These genauer darlegen.
Bleiben wir aber zunächst bei der Schnelligkeit, der man kaum entrinnt, wenn man als Schüler oder Student in das Bildungssystem einsteigt und nicht auf der Strecke bleiben will. Schon Zehnjährige bekommen den Druck einer verkürzten Schulzeit zu spüren, verzichten auf Freizeitbeschäftigungen fernab vom Schreibtisch und haben im Schnitt mehr Unterrichtsstunden pro Tag als Gleichaltrige vor zehn Jahren. Wenn alles glatt läuft, hat der Nachwuchs mit der erreichten Volljährigkeit das Abitur in der Tasche, begibt sich an eine Hochschule, schreibt sich für ein Fach seiner Wahl ein und macht nebenher Praktika. Schick wäre daneben selbstverständlich ein Auslandsaufenthalt. Hält er sich dann an die Regelstudienzeit (wer es in der vorgegebenen Zeit nicht schafft, bekommt leider die BAföG-Unterstützung gestrichen), so hat er im zarten Alter von 21 Jahren mit dem Bachelor bereits einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss. Vielleicht hängt er noch zwei Jahre für einen Master dran, vielleicht lässt er es aber auch. Theoretisch kann er jetzt anfangen zu arbeiten. Nach Wunsch der Politik soll Letzteres in ein paar Jahren gängige Praxis sein, sobald von den Universitäten keine Diplomstudenten mehr nachrücken und die deutschen Unternehmen gezwungen sind, die momentan eher skeptisch betrachteten Bachelor-Absolventen einzustellen – aus Mangel an Alternativen. Von der Geburt bis zum Arbeitsmarkt vergeht die Zeit immer schneller: Der Kampf gegen unliebsame Langzeitstudenten trägt erste Früchte, ebenso wird durch straffere Studienstrukturen und -bedingungen die Zahl der Studienabbrecher weiter sinken. Vorbei die Zeiten, in denen der eine oder andere möglicherweise nach Lust und Laune drauf los studiert, Fächer ausprobiert und nebenbei andere Seiten des Lebens genossen hat. Im Mittelpunkt eines Studiums steht längst nicht mehr die Bildung eines Menschen, sondern sein Marktwert, den er mit Hilfe seiner Leistungen erhöhen kann. Die Reflexion über die Entwicklung der Persönlichkeit bleibt dabei zwangsläufig auf der Strecke. Angestachelt durch gesteigertes Tempo und Druck von vielen Seiten ihres Umfeldes, bleibt den Insassen der Bildungsanstalten kaum eine andere Möglichkeit als sich auf das eine vorgegebene Ziel zu konzentrieren: die eigene Verwertbarkeit auf dem Arbeitsmarkt, auf den sie schnellstmöglich strömen sollen. Dazu genügt es ihnen nicht gut zu sein. Sie wollen besser sein.

These 2: Wir glauben nur gewinnen zu können, wenn die anderen verlieren.

Es ist unbestritten, dass wir in einer Leistungsgesellschaft leben. Wir definieren uns über das, was wir schaffen; wir sind, was wir leisten. Vielen Menschen fällt es nicht schwer, in erster Linie die positiven Seiten daran zu sehen. Ist es denn nicht von Vorteil, wenn jeder dazu angespornt wird, seinen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenleben beizusteuern? Haben wir letztlich nicht all diesen motivierten Bürgern – mit ihrem Drang nach vorn zu kommen – den Fortschritt zu verdanken? Skepsis ist spätestens an dem Punkt angebracht, wenn der Begriff der Leistungsgesellschaft wichtiger wird als jener der Solidargemeinschaft; wenn Leistungsträger und Minderleister unterschieden werden; wenn von Anfang an nicht zusammen, sondern gegeneinander gearbeitet wird und feststeht, dass es irgendwann in der Einteilung von Gewinnern und Verlierern endet. Von eben diesen Überlegungen jedoch ist das deutsche Bildungssystem durchdrungen. Es sieht nicht vor, jungen Menschen beizubringen, wie sie gemeinsam etwas Großes auf die Beine stellen können. Stattdessen zeigt es ihnen immer wieder auf, dass sie sich durchsetzen müssen – gegen Klassenkameraden, Kommilitonen, Praktikumsbewerber und Arbeitnehmer. Konkurrenz ist die Grundlage des Systems und drängt Neugier, Interesse und Freude an Inhalten in den Hintergrund. Überhaupt wird die inhaltliche Ebene immer stärker ausgeklammert, da diese eine Hinwendung zur Qualität, nicht aber zur Quantität verlangen würde. Quantität aber ist unverzichtbar, will man den Konkurrenzdruck aufrecht erhalten und Menschen miteinander vergleichen. Es wird wichtiger, wie viel jemand leistet, als darauf zu achten, was das Gelernte für die Persönlichkeitsentwicklung bedeutet. Nur so lässt sich erklären, dass es schon Bildungseinrichtungen für Dreijährige gibt, die Unterricht in Naturwissenschaften und Fremdsprachen erhalten. Eltern, die befürchten, ihr Kind könnte in ein paar Jahren im gnadenlosen Räderwerk der Leistungsgesellschaft auf der Strecke bleiben, zahlen bereitwillig hohe Geldbeträge, um ihren Jüngsten einen Bildungsvorsprung zu ermöglichen. Irgendwann sollen sie schließlich auf der Gewinnerseite stehen, indem sie dann mehr wissen als ihre Gleichaltrigen – zumindest auf dem Papier. Der Wert einer freien und glücklichen Kindheit außerhalb der Schule lässt sich ja leider nicht in Zahlen messen. Daher darf es einen auch nicht verwundern, wenn sich bei grundschulinternen Abstimmungen in Berlin die Eltern oft für die Vergabe von Zeugnisnoten aussprechen (obwohl die Berliner Gesetzeslage das nicht vorschreibt). Die frühzeitige Einordnung der Leistungen anhand von vergleichbaren Werten ist ausdrücklich erwünscht, weil es in Anbetracht der gesellschaftlichen Situation als überlebensnotwendig angesehen wird. Das mag sogar zutreffen, führt jedoch zu einer ständigen Reproduktion des Konkurrenzgedankens und verschlimmert nur die Ausgangslage für die Betroffenen im Bildungssystem. Das Solidaritätsprinzip geht daran endgültig zu Grunde. Die Unterteilung in „besser“ und „schlechter“ ist längst in den Köpfen verankert, wird von der Politik regelmäßig propagiert und verstärkt, und hat in erster Linie eine ausgrenzende Wirkung. Die Auswahlkriterien isolieren statt zu integrieren. Seit ein paar Jahren ist auch der Begriff der Elite wieder salonfähig, was nichts anderes bedeutet, als dass die Grenzen noch schärfer gezogen werden sollen. Dabei wird völlig außer Acht gelassen, dass gerade Werte wie Verantwortungsbewusstsein, Innovation und zielgerichtetes Handeln – wie sie einer neuen Elite zugeschrieben bzw. angedichtet werden – nicht auf einen begrenzten Personenkreis beschränkt bleiben dürfen, sondern eigentlich die Grundlage unserer Gesellschaft und folgerichtig des gesamten Bildungssystems bilden sollten. Davon abgesehen, kann es erst gar nicht gelingen, einer abgespaltenen Gruppe das zu vermitteln, weil eine solche Abspaltung bereits eine Denkweise voraussetzt, in der Verantwortungsbewusstsein und der Blick für andere Teile der Gesellschaft weniger wichtig sind als das eigene Vorankommen. Der Irrglaube, ein Mensch könnte schneller laufen, wenn er nur das kräftigere seiner beiden Beine weiter trainiert und das langsamere amputiert, ist anscheinend weit verbreitet. Das Ergebnis ist ein erkranktes System, das seine Fehler auf allen Ebenen wiederholt. (Zyniker meinen, das sei wenigstens konsequent.) Begeben wir uns an die Universitäten, stoßen wir beispielsweise auch bei der Auswahl des Lehrpersonals auf rein quantitativ messbare Kriterien. Nicht nur Studenten sammeln inzwischen Punktzahlen in ihrem Bachelor-Studiengang – nein, die Professoren machen es ebenso und können mit jeder wissenschaftlichen Veröffentlichung den Stand eines persönlichen Punktekontos erhöhen. Das wiederum verbessert die Chancen, später eine der raren Professorenstellen zu ergattern. Die Anzahl der zu vergebenen Punkte richtet sich zu keinem Zeitpunkt nach der Innovation der Forschungsprojekte und fördert somit eine ungerechtfertigte, unkreative Publikationswut – normalerweise in englischer Sprache, weil es für deutsche Arbeiten kaum Punkte gibt. (Das ist im Übrigen keine satirische Überspitzung, sondern bittere Realität.) Wer mehr veröffentlicht hat als alle anderen, setzt sich am Ende durch. Der vielleicht einzig vernünftige Gedanke des Konkurrenzprinzips – dass sich letztlich die beste Idee durchsetzen soll – wird auf diese Weise ad absurdum geführt, weil es nur noch bedingt um die Qualität von Forschungsergebnissen geht. Daraus folgt ein weiteres Problem: Die Wissenschaft büßt ihre Freiheit ein. Wenn nämlich jemand, der forscht, zuerst darauf schaut, ob und wie ihm ein Projekt für die eigene Karriere nützt, trifft er seine Entscheidungen nicht mehr nach eigenen Interessen bzw. der empfundenen Dringlichkeit, sondern nach dem Ermessen derjenigen, die ihm einen Karriereaufstieg erst ermöglichen. Logischerweise handelt es sich dabei ausnahmslos um die Institutionen des Landes, die an den Geldhähnen sitzen. Wer heutzutage forscht, lernt rasch, welche Forschungsprojekte die besten Chancen haben, vom Staat (oder auch von der Wirtschaft) finanziert zu werden. Somit entwickelt sich in der Forschung ein subtil gesteuerter Mainstream, an den sich jeder anpasst, der auf die Gelder angewiesen ist. Eine ganze Menge kreativer Ideen ist höchstwahrscheinlich schon auf dem Weg ihrer Entstehung verendet, ohne jemals niedergeschrieben worden zu sein, weil zu befürchten war, die nötigen finanziellen Mittel würden nicht genehmigt. Wenn aber Menschen ihre Offenheit und Neugierde auf Kosten nicht eigenständig festgelegter Kriterien einschränken, wenn sie sich an eine Skala anpassen, auf der abzulesen ist, ob sie zu den Gewinnern oder zu den Verlieren der Gesellschaft gehören – inwiefern können wir es da noch wagen, die Worte Bildung und Freiheit in einem Atemzug nennen?

These 3: Wir wissen, wer wir sein sollen, aber nicht, wer wir sind.

Wer über Bildungsbegriffe spricht, kommt früher oder später auf das humboldtsche Ideal zu sprechen. Demnach wäre Bildung „die Anregung aller Kräfte des Menschen, damit diese sich über die Aneignung der Welt entfalten und zu einer sich selbst bestimmenden Individualität und Persönlichkeit führen“. Das klingt schön, hat mit der Realität aber so viel zu tun wie eine Milchkuh mit einer Seekuh: Der Grundbegriff, von dem man ausgeht, ist derselbe, das Umfeld jedoch ein völlig anderes – und das bestimmt nun mal den Inhalt. Persönliche Entfaltung im deutschen Bildungssystem ist nur innerhalb der oben erwähnten Grenzen möglich. Zu oft hat das zur Folge, dass die Insassen der Bildungsanstalten den – auf den ersten Blick – bequemsten Weg einschlagen: Statt sich zu entfalten, lassen sie sich lieber zusammenfalten. Wo bleibt aber der Mensch, wo bleiben seine individuellen Fähigkeiten, wenn er meint, er müsse sich festen, vorgegebenen Richtungsanweisungen fügen? Kann es die Aufgabe eines aufgeklärten Bildungssystems sein, Menschen in Formen zu pressen und ihnen einen Stempel aufzudrücken, der sie lebenslänglich kennzeichnet? Oder sollte es nicht viel eher Aufgabe der Bildung sein, jungen Menschen das Handwerkszeug mitzugeben, das es ihnen ermöglicht, die richtigen Formen für die eigenen Veranlagungen zu finden und letztlich selbst der Umwelt einen Stempel aufzudrücken? Damit wären wir – wie in der ersten These bereits angeschnitten – bei der reflexiven Verwendung des Bildungsbegriffs angelangt. Hinter dieser Auslegung verbirgt sich ein Gedanke, der mit der Aufklärung eigentlich selbstverständlich geworden sein sollte. Gehen wir nämlich davon aus, dass es in einer Demokratie die Aufgabe des Bildungssystems ist, mündige Bürger heranzuziehen, so genügt es nicht, Inhalte in Form von Wissen und Wertevorstellungen vorzugeben und Menschen zu veranlassen, diese zu schlucken. Stattdessen muss den Menschen eine weitaus aktivere Rolle zufallen; denn Unmündigkeit resultiert aus Passivität. Erst wenn der Einzelne das, was an Bildungsinhalten vermittelt wird, im Reflexionsprozess weiterdenkt und auf diese Weise eine stabile Persönlichkeit aufbaut, kann das hoch angesetzte Ziel – die Erziehung zur Mündigkeit – erreicht werden. Das klingt jetzt wahrscheinlich zu abstrakt, deshalb werde ich einen griffigeren Vergleich anführen: Nehmen wir einen jungen Menschen, der eine Reihe von Fotos gezeigt bekommt. Auf jedem davon ist das Idealbild einer Person zu sehen, von der es jeweils heißt, es sei erstrebenswert, ihr nachzueifern. Der junge Mensch nimmt sich den Rat zu Herzen und arbeitet in den kommenden Monaten und Jahren daran, das zu erreichen, was er auf dem Foto sah. Seine Hauptmotivation ist dabei die Angst, er könnte am Leben scheitern, wenn er sich nicht nach den vorgegebenen Bildern richtete. Zumindest suggeriert ihm das sein Umfeld. Prinzipiell könnten die angeblichen Idealbilder eine sinnvolle Leitlinie darstellen, fehlte dem jungen Menschen nicht ein wichtiges Utensil: ein Spiegel, in dem er sich selbst betrachten kann. Hätte er einen solchen, würde er erkennen, was für Eigenschaften er mitbringt, die er möglicherweise mit den Idealbildern gemeinsam hat, aber eben auch, welche ihn davon unterscheiden – zuletzt würde er sie sogar hinterfragen. Somit könnten ihm die vorgelegten Fotos zwar weiterhin als Orientierung dienen, würden jedoch keine Kopie von ihm abverlangen, da er im wahrsten Sinne des Wortes selbstbewusster mit sich und seiner Umwelt verführe, nachdem er einen Blick in den Spiegel geworfen hätte. Außerdem würde er ohne Spiegel auch an den Versuchen einer Kopie scheitern. Grundmuster übernähme er mit Sicherheit, das wirkte jedoch kaum überzeugend.
Bildung darf sich also nicht auf die Aufnahme und Umsetzung vorgegebener Ideen und Bilder beschränken. Vielmehr muss jedes erlangte Wissen mit dem jeweiligen Status quo einer Persönlichkeit in Verbindung gebracht und reflektiert werden. Nur das gewährleistet die freie Entfaltung eines Menschen; nur so wird sichergestellt, dass ein Mensch irgendwann stabil im Leben steht, sich eigenständig Ziele setzen und verantwortungsvolle Entscheidungen treffen kann.
Fest steht: Das deutsche Bildungssystem ist nicht darauf ausgerichtet und wendet sich immer mehr vom reflexiven Bildungsverständnis ab. Deutlich wird das nicht zuletzt in den Diskussionen um den Bachelor an den Universitäten. Der neue Bildungsabschluss soll explizit den Kompetenzerwerb über die Wissensvermittlung stellen. Es soll demnach nicht mehr darum gehen, Menschen universell zu bilden bis sie soweit sind, selbst ihren Standpunkt in der Welt und darauf aufbauend ihre weiteren Ziele zu bestimmen. Stattdessen wird der Fokus vom Menschen weg auf den Arbeitsmarkt gelenkt. Für diesen müssen gewisse „Kompetenzen“ erworben werden. Der Unterschied zwischen „Bildung“ und „Ausbildung“ wird in naher Zukunft nur noch an der Schreibweise, nicht mehr am Inhalt festzumachen sein. Nun kann man behaupten, das sei nicht weiter schlimm und die Vorgänge würden doch dafür sorgen, dass vieles im Land reibungsloser verläuft, wenn vorher feststeht, wohin die Kompetenzvermittlung führt, anstatt bloß der diffusen Wissensvermittlung ausgesetzt zu sein. Für den Arbeitsmarkt scheint es in der Tat beinahe egal, ob die Akteure ihre Ziele selbst bestimmen oder ob sie diese vorgegeben bekommen – er wird weiter funktionieren, dank der Reformen vielleicht sogar ein Stück effizienter. Aus Sicht der Gesellschaft ist diese Entwicklung dauerhaft aber nicht tragbar. Sie führt uns geradewegs in ein Desaster.

Das Fazit aus den dargelegten Thesen ist niederschmetternd: Wir können davon ausgehen, dass das Tempo im Bildungsbetrieb immer weiter steigen wird, die Involvierten permanent unter Druck setzt und wir in naher Zukunft einen Kollaps erleben werden, sobald das Motto hinter den Verhältnissen – „Immer schneller, immer höher“ – an seine natürlichen Grenzen stößt. Ein solcher Kollaps wird sich nicht in Totalausfällen äußern, sondern in einem rapiden Abbau des sozialen Zusammenhalts in der Gesellschaft und der endgültigen Fokussierung auf egoistisch motiviertes Handeln, da sich im Alleingang (zumindest einzelner Personengruppen) die Beschleunigung besser steuern lässt. Hinzu kommt eine schärfere Abtrennung der sozialen Schichten – sowohl gedanklich als auch praktisch. Die Unterteilung in Gewinner und Verlierer innerhalb des Bildungssystems ist in vollem Gange, wie auch die aktuellen Vergleiche der Bundesländer wieder belegen. Nach wie vor hängen in Deutschland Bildungsgrad und finanzielle Ausgangssituation eng zusammen und im internationalen Vergleich gehört das bestehende System zu den sozial selektivsten. Das kürzlich verabschiedete Sparpaket der Bundesregierung wird diese Entwicklung voraussichtlich noch begünstigen, zumindest ist zu erwarten, dass es die Grenzziehungen weiter verstärkt.
Zuletzt wird die junge Generation dahin erzogen, diese Verhältnisse als gegeben zu akzeptieren, indem Tempowahn und Vorbereitung auf das einzig nützlich erscheinende Ziel – den Arbeitsmarkt – Reflexionsprozesse und somit eine freie Entfaltung der Persönlichkeit verhindern.
Die Politik hat die Jugend an diejenigen verraten, die kein Interesse daran haben, demokratische und soziale Ideale zu erhalten. An diejenigen, die das Wort Humankapital im gängigen Jargon mit sich führen, die Banken für systemrelevanter halten als die Bildung, die als Lobbyisten die Wirtschaftskraft, nicht aber das Wohl des Volkes im Auge haben.

Vor 20 Jahren schien die Ausgangslage für uns – die junge Generation – ausgesprochen gut: Wir erlebten in Deutschland keinen Krieg, ebenso wenig wie unsere Eltern. Unser Leben war nicht von autoritären Gewalten beeinflusst, wir mussten uns auch nicht von solchen loslösen oder die Verhüllung der Vergangenheit anprangern. Selbst den Kalten Krieg, der die europäische Geschichte über Jahrzehnte geprägt hat, zählen wir nicht zu unseren unmittelbaren Lebenserfahrungen. Unter diesen Umständen müssten wir eigentlich die friedfertigste, sozialste und demokratischste Jugend sein, die Deutschland jemals hatte. Das Bildungssystem ist zur Zeit jedoch darauf ausgerichtet, eben das zu verhindern. Die Jugend lernt sich anzupassen und nach bestimmten Mustern zu handeln, nicht aber, eine jeweils eigenständige Persönlichkeit zu entwickeln, die einen verantwortungsbewussten, mündigen Menschen ausmacht.

Dieser Artikel ist ein Aufschrei. Ein Aufschrei, weil endlich die grundlegende, längst überfällige Bildungsdebatte angestoßen werden muss, die trotz der Proteste an Schulen und Universitäten im vergangenen Herbst ausblieb. Jugend hat in Deutschland keine Lobby – und das bekommt sie von Seiten der Politik regelmäßig zu spüren. Im Falle der Proteste wurden sie oftmals als Störenfriede wahrgenommen. Menschen, die auf Probleme hinwiesen, wurden selbst als Problem angesehen. Die beschwichtigende Vorgehensweise der Politik ist nicht fürsorglich, sondern ignorant. Das ist verständlich, denn die Erfahrung aus den vergangenen Monaten bestätigt leider, dass sich Proteste in Deutschland nicht ewig halten. Die zuständigen Politiker müssen nur lange genug abwarten, bis die Studentenköpfe benommen vor der Wand zusammensinken, gegen die sie immer wieder angelaufen sind. Dabei widerstrebt es den Grundprinzipien der Demokratie, die Bürger ruhig zu halten und Diskussionen zu unterbinden. Dass jedoch Ruhe im System eines der wichtigsten Ziele der Politik ist, deutete nicht nur die Bildungsministerin Anette Schavan, sondern auch Margret Wintermantel, Vorsitzende der Hochschulrektorenkonferenz, Ende Februar an: Zu Beginn einer Pressekonferenz bat Sie die anwesenden Journalisten, den Bologna-Prozess in den Medien bitte nicht schlecht zu reden. Man arbeite inzwischen an Reformen und aus studentischer Sicht sei es bald nicht mehr gerechtfertigt zu protestieren.
Es ist hart, wenn die Diskussion über das Bildungssystem auf einen Bachelor- und Masterabschluss heruntergebrochen werden. Darum geht es nicht. Letztendlich geht es um die Erhaltung freier, demokratischer Werte, um mehr Verantwortungsbewusstsein in Deutschland. Wir – die junge Generation – müssen deshalb endlich gehört werden, da ohne uns die Zukunft nicht möglich sein wird.
Aus diesem Grund ist der vorliegende Artikel nicht nur ein Aufschrei, sondern ebenso eine Anklage. Eine Anklage, die sich gegen die Herrschenden in diesem Land richtet und ihnen keine Dummheit, sondern etwas weitaus Schlimmeres vorwirft: Sie unterstützen die derzeitigen Entwicklungen, obwohl sie genau wissen, wohin diese führen werden.

Michael Feindler 2010

Am Ende

Ich wusste, dass das Ende kommen würde,
doch nahm mir dieses Wissen nicht die Angst.
Momentaufnahmen sind die größte Hürde,
wenn du Momenten so viel Glück verdankst.

Ich hätte gerne rational beschlossen,
wann mir das Ende recht und passend wär.
Es klappte nicht, die Tränen sind geflossen.
Der Abschied fiel mir wie erwartet schwer.

Ich hab nicht um Bestätigung gebeten,
doch war die Angst davor nicht ohne Grund.
Was ich befürchtete, ist eingetreten.
Ist wohl Voraussicht dauerhaft gesund?

Scheut, wer das Ende fürchtet, den Beginn,
weil alles, was entsteht, vergehen muss?
Nicht unbedingt. Ich weiß nur eins: Ich bin
ganz gerne kontrollierend. Bis zum Schluss.

So hätte ich am liebsten laut gesagt:
„Ich brauche noch ein kleines Bisschen Zeit!“
Doch später hätte ich mich selbst gefragt:
Bin ich für dieses Ende je bereit?

Michael Feindler 2009

Metaphorisches Duell. Der Tragödie zweiter Teil

Erfahrungsgemäß trifft man in Situationen, die man nicht gebrauchen kann, häufig auch die Menschen, die man noch weniger gebrauchen kann. Wie ein schicksalhafter Schweißfilm ziehen unangenehme Situationen grundsätzlich die nervigste Schmeißfliegen an. Diese Theorie bestätigte sich kürzlich, als mir eine Kletterpartie in den Schweizer Alpen zum Verhängnis wurde.
Im sonnenüberfluteten Übermut war ich auf einen grasbewachsenen Felsvorsprung hinabgeklettert. Von dort aus hatte man eine sagenhafte Aussicht auf die umliegende Landschaft. Ich genoss es einige Minuten lang, bis ich feststellte, dass sich der Rückweg weitaus komplizierte gestalten würde. Als ich mich nämlich an der steinigen Wand hoch zerren wollte, entpuppte sich diese als äußerst benutzerunfreundlich. Ein Stück brach ab und wenig später saß ich wieder auf dem knapp bemessenen Felsvorsprung.
Zwei Quadratmeter Bewegungsfreiheit sind nicht viel. Erst recht nicht, wenn sich hinter dir eine Steinwand und vor dir ein 2000 Meter tiefes Tal befindet. Gezwungenermaßen rief ich um Hilfe, in der Hoffnung, irgendwann werde mich schon ein Wanderer hören. Zu meiner Überraschung tauchte schon kurz darauf ein Gesicht über mir auf.
„Heil dir, niedergestochener Cäsar!“ drang es zu mir hinunter. „Was für eine unangenehme Lage.“
Ich zuckte zusammen. Dort oben stand niemand Anderes als mein Lieblingsfeind, der Dichter Holger Meisenbach. Instinktiv rief ich zurück: „Wünsche dir einen mottenzerfressenen guten Tag, du jodelnde Heino-Attrappe! Deine Visage hat die beruhigende Wirkung eines fegenden Tsunamis, einer mutierten Tarantel oder einer Kriegserklärung der USA. Allein deine Anwesenheit ist wie ein Salatblatt an der Metzgertheke, ein Freibadbereich im Klärwerk, ein Gurken-Logo auf einem Apple-Computer oder eine Kondomwerbung im Vatikan! Du bist wie ein alkoholfreier Whiskey, ein geflicktes Küchensieb, eine Eintagsfliege mit Monatskarte oder ein naturalistisches Picasso-Gemälde!“
Mir war bewusst, dass diese Worte hier völlig fehl am Platz waren, vor allem in Anbetracht meiner Situation. Aber bei Holgers herablassendem Blick hatte es mich einfach überkommen. Nun beugte er sich etwas weiter vor und setzte sein fieses Josephsgrinsen auf, bei dem ich nie ganz wusste, ob es mich eher an Joseph Ackermann oder Joseph Ratzinger erinnerte.
Meinen Angriff ließ er natürlich nicht unerwidert: „Du abgestumpftes Henkerbeil! Ich bin das Loch im Aquarium deiner Hoffnungen; eine Dynamitstange in der Kloschüssel; deine hässliche Affäre in den Flitterwochen und die Schafsherde im Eisenbahntunnel. Ich bin so verlässlich wie ein vegetarischer Löwe; ein Medikament aus dem Internet; ein Kaffeerunde, die ein Geheimnis für sich behalten soll oder ein Fallschirm auf dem Rücken von Jürgen Möllemann!“
Auch wenn ich auf einem zwei Quadratmeter großen Felsvorsprung saß – gegenüber Holger Meisenbach würde ich unter keinen Umständen klein beigeben. Diese Provokationen schrieen nach einer Antwort. Somit rief ich nach oben: „Du braun gefleckte Milka-Kuh! Du bist wie eine 24-Stunden-Ausgabe des Musikantenstadels, ein chinesischer Gabelbenutzer, ein Rahmspinat ohne „Blubb“ oder eine Dampfwalze im Porzellanladen. Du Werwolf im Schafspelz, du Kettenbrief-Container, du achteckiges Pentagon, du apokalyptischer Kunstreiter! Ich werde für dich wie die Mücke in der finnischen Sauna sein; wie die glühende Zigarette im Benzinkanister; der motorgetriebene Rollstuhl ohne Bremsen; das Vorwort zu deinem Obduktionsbericht und so gradlinig wie der Satzbau von Edmund Stoiber!“
Holgers Josephsgrinsen wurde noch breiter. Anstatt den Wortkampf mit fairen Mitteln fortzusetzen hob er nur kurz die Hand und sagte: „Tschüs! Genieß die Zeit an der frischen Luft. In drei Stunde sag ich vielleicht mal der Bergwacht Bescheid.“
Dann war er weg und ließ mich auf dem Felsvorsprung zurück. Die Zeit bis zum Erscheinen der Bergwacht verbrachte ich zunächst damit, eine blaue Enzianblüte anzustarren, bis ich irgendwann nach einem kleinen Stein griff und damit begann, ein Gedicht in den Felsen zu ritzen. Ich widmete es Holger Meisenbach und seinem Verhalten. Es trug den Titel:

Taktlos

Er war ein muskulöser Mann,
Student im Fach Maschinenbau,
und machte ganz verliebt sich ran
an eine Germanistikfrau.

Er wusste nicht, was er da wagte,
doch schien es anfangs zu gelingen,
bis er sie eines Tages fragte:
„Soll ich dich jetzt noch nach Hause bringen?“

Er hätte lieber mal geschwiegen.
Die Germanistin wurde bleich.
Er sprach, um’s noch zurecht zu biegen:
„Muss ja auch nicht sofort sein. Wie wär’s…ähm…gleich?“

Das war zu viel. Sie wich zurück
Und schimpfte wütend auf ihn ein:
„Du Kleingeist! Geh mir aus dem Blick!
Wie kann man nur so taktlos sein?!

Ein linguistisches Verbrechen!
Das tut ja in der Seele weh!
Kannst du denn nicht mit Versmaß sprechen?!
Er meinte etwas hilflos: „Nö.“

Da sprach sie – im Gesichte Röte:
„Der Rhythmus ist durch dich gestört!
Was bin ich froh, dass unser Goethe
schon tot ist und dich nicht mehr hört!“

Sie schrie (in Wut bald nassgeschwitzt):
„Den Abend würd’ ich gern genießen!
Wie soll das gehen? Denn du trittst
den Versfuß mit den eig’nen Füßen!

Vergiss auch die Familienplanung!
Was soll ich bloß mit einem Mann,
der vom Trochäus keine Ahnung
und keine Jamben bilden kann?!“

Dann ging sie schnellen Schrittes fort,
er spürte seinen flauen Magen,
ergriff ein letztes Mal das Wort:
„Warte! Ich muss dir was Wichtiges sagen!“

Er hätte sie noch gern geküsst.
Doch als er merkte, dass der Satz
„Ich liebe dich“ ein Jambus ist,
war’s längst zu spät und für die Katz.

Moral: Man kriegt es oft zu spüren,
seit Langem gilt das alte Spiel:
Willst schöne Frauen du verführen,
so brauchst du sehr viel Taktgefühl!

Michael Feindler 2008

Metaphorisches Duell. Der Tragödie erster Teil

Es gibt ja bekanntlich Menschen, die man nicht ausstehen kann und denen man dennoch nicht aus dem Weg geht. Man fiebert solchen Treffen sogar ein wenig entgegen. Wie ein Pfeil, der die Armbrust verlässt, auf sein Ziel zusteuert und voller Vorfreude sein Opfer fixiert; wobei nicht ganz sicher ist, ob das Opfer im letzten Moment vielleicht doch noch ausweichen wird. Ein solcher Mensch, den ich nicht ausstehen kann, dem ich aber nie für immer aus dem Weg gehe, ist der Dichter Holger Meisenbach. Als wir uns das erste Mal begegnet sind, war es Feindschaft auf den ersten Blick. Ich entsinne mich nicht, dass er sich mir gegenüber einmal höflich oder gar freundlich geäußert hätte. Trotzdem lasse ich es mir nur ungern entgehen, ihm gegenüberzutreten, wenn diese unvergleichlich charmant-unverschämten Kommentare über seine Lippen tanzen.
Wie zum Beispiel vergangenen Monat, als wir uns zufällig bei „Burger King“ über den Weg liefen. Er begrüßte mich mit den Worten: „Einen wunderschönen verfaulten Tag, du Schatten deines entleerten Egos! Ich werde das Insektengift im Blumenbeet deiner Zukunft sein; der Grabstein über deinen zermalmten Knochen!“
So fängt es immer an, wenn wir uns treffen. Und wer will so etwas schon auf sich sitzen lassen? Also entgegnete ich: „Sei mir gegrüßt, du unbeschriebenes Blatt Papier! Merk dir ein für alle Mal: Ich bin die zersetzende Salzsäure, die ins Bad der Lebensfreude gekippt wird; der Atommüll auf fruchtbarer Erde und die Brennnessel im Garten Eden! Ich bin der Fels in der Brandung, an dem dein Floß der Hoffnung elendig zerschellen wird; der Pitbull im Hühnerstall und der Skorpion am romantischen Sandstrand! Ich bin das Salz im Erdbeereis; die Rasierklinge, die deine Zahnhaare entfernt; die Schlucht, die aus dem Fluss des Lebens einen stürzenden Wasserfall macht; der Steinhaufen auf den Schienen, die den Weg zu deinem Lebenssinn ebnen und der Betonuntergrund, auf den ein Samenkorn fällt!“
Holger nickte nur selbstsicher. Sein Blick wanderte geringschätzend über die Preisliste des „Burger Kings“ an der Wand. Der Gesichtsausdruck blieb unverändert, als er mich ansah und mir weitere Kommentare ins Gesicht schleuderte: „Du defekte Bildröhre! Ich bin das Blut im Füller, der deine Lebensgeschichte schreibt; das Kanonenrohr in der Klosterkapelle; die unerbittliche Flamme unter dem längst verkohlten Grillwürstchen und der Ärmel, der vier Asse zurückbehält! Ich bin für dich wie ein beinloser Stuhl, ein eckiges Rad, ein Magnet ohne Plus-Pol und eine Rosenhecke ohne Blüten!“
Langsam fand ich, dass er es übertrieb. Wie immer. Doch es juckte mich, dem etwas entgegenzusetzen. Also rief ich: „Du minenloser Bleistift! Du bist wie eine Notrufnummer mit Warteschleife; eine Sintflut aus Kanalisationsgewässern oder eine gammelige Birne auf dem Mittagstisch der Schwedischen Königin! Du verdrecktes Brillen-Putztuch; du wurzellose Buche; du stiefelförmiges Pantoffeltierchen! Ich werde wie ein Kirschkern in deiner Luftröhre sein; wie ein Sekundenzeiger, der dir unaufhaltsam davon hechtet; wie ein Leck im Tank deines Daseins; eine Sackgasse ohne Wendemöglichkeit und so unberechenbar wie die Zahl Pi!“
Zwei Sekunden später stand der Geschäftsführer neben uns. Wir bekamen Hausverbot bei „Burger King“. Draußen auf der Straße schüttelte Holger nur mitleidig den Kopf und sagte bloß sechs Silben: „Du Möchtegern-Poet!“
Zugegeben, ich habe ihm vieles in der Vergangenheit verziehen. Aber das hier war etwas Anderes. Diese Beleidigung prallte nicht ohne Weiteres an mir ab. Ich werde sie ihm noch in drei Jahrzehnten nachtragen. Meine Muse, die den Frontalangriff zum Glück mit einer leichten Verletzung überlebt hat, ließ sich nun erst recht nicht mehr beirren und inspirierte mich zu folgendem Gedicht, das ich an dieser Stelle Holger Meisenbach widmen möchte.
Es trägt den Titel:

Zerstörte Harmonie

Er saß mit ihr auf einer Düne,
den Sonnenuntergang bestaunend;
er blickte mit verzückter Miene
aufs Meer und sagte schließlich raunend:

„Willst du mich heiraten, mein Schatz?
Ich liebe dich! Sei du mir nah!“
Sie hörte lächelnd diesen Satz
und sagte darauf schüchtern: „Nein.“

Er schaute sie entgeistert an.
Sie hatte ihm das Herz gebrochen!
Und er, der sehr verliebte Mann,
er hatte sich zu viel versprochen.

Doch dann probierte er’s erneut
und sprach zu ihr: „Mein bestes Stück!
Hast du die Antwort schon bereut?“
Sie meinte nur: „Da hast du Pech.“

Ihr Tonfall war dabei ganz kühl,
in seinen Ohren klang‘s fast barsch.
Es war ein schreckliches Gefühl.
Der ganze Abend war kaputt.

Was für ein mieses Frauenzimmer!
So hinterhältig und durchtrieben!
Im Gehen sagte er noch: „Immer
und ewig werde ich dich hassen!“

Er ging verzweifelt, aufgewühlt,
und hätte gerne auf der Stelle
Erinnerungen fort gespült
mit einer hohen Meereswelle.

Das Meer blieb aber ganz entspannt,
es ruhte, wurde beinah‘ still
und so erhielt es elegant
die Illusion von dem Idyll.

Mehr lässt sich hierzu nicht berichten,
denn die zerstörte Harmonie
mit netten Worten schönzudichten,
gelingt selbst einem Dichter selten.

Michael Feindler 2007