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Wir Geister, die ihr rieft

(frei nach J. W. Goethes Zauberlehrling)

Hat der Staat im Bildungswesen
sich doch einmal wegbegeben.
Immer wieder war zu lesen,
das sei absolut daneben.
Tief sitzt diese Wunde,
näht sie bloß nicht zu!
Nutzen wir die Stunde
für den Meister-Coup!

Dank der Lücken,
die da klaffen,
lässt sich’s schaffen
abzuschätzen,
wie wir uns mit Lorbeer’n schmücken
und die Staatsmacht fix ersetzen!

Lasst uns neue Schulen gründen,
aber solche, die was kosten!
Die Idee wird sicher zünden –
erst im Westen, dann im Osten.
Denn die Eltern blechen,
wenn sie sicher sind:
Das, was wir versprechen,
halten wir beim Kind!

Füllt die Lücken,
die da klaffen,
dass wir’s schaffen
(statt zu schwätzen)
bald im Staate durchzudrücken,
ihn in Teilen zu ersetzen!
Deutsche Universitäten,
fern von Humboldts Idealen,
platzen längst aus allen Nähten
und der Staat kann’s kaum bezahlen.
Denn ums Finanzieren
ist es schlecht bestellt;
besseres Studieren
bieten wir für Geld!

Füllt die Lücken,
die da klaffen,
dass wir’s schaffen
(statt zu schwätzen)
bald im Staate durchzudrücken,
ihn in Teilen zu ersetzen!

Wenn wir bald als Bildungsquellen
kostenlose Arbeitsblätter
Lehrern zur Verfügung stellen,
gelten wir schon bald als Retter
für die leeren Kassen
und im Schulsystem
glaubt man: Wir befassen
uns mit dem Problem!

Füllt die Lücken,
füllt die Löcher,
noch und nöcher
mit Int’ressen!
Schüler soll’n aus freien Stücken
alles, was wir bieten, fressen!

Dazu muss es heut gelingen,
in den Bildungsunterlagen
unsre Werbung einzubringen
für die Lehrer und die Blagen!
Das ist viel subtiler
als man’s von uns kennt.
Jeder dieser Schüler
ist ein Konsument!

Lerne, lerne,
blöder Haufen,
denn zum Kaufen
braucht es Deppen,
die nicht zögern und die gerne
jeden Schrott nach Hause schleppen!

Sind wir Geister erst gerufen,
wollen wir für immer bleiben,
und die Mächte, die uns schufen,
werden uns wohl kaum vertreiben.
Ist sein Geld verflossen,
braucht uns dieser Staat –
lächelnd und entschlossen
schreiten wir zur Tat:

Alle Lücken,
die wir finden
und ergründen
woll’n wir füllen,
und es wird uns stets beglücken,
lebt man dann nach unserm Willen!

Michael Feindler 2012

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