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Vom Suchen und Finden der Mitte

Liedtext

Du willst mit Dir im Reinen sein und Dich nicht länger binden,
denn Du hast Dich auf den Weg gemacht, um Dich selbst zu finden.
Jetzt möchtest Du in irgend so ein Dorf in Hinterindien reisen,
um dort Tag und Nacht ausschließlich um Dich selbst zu kreisen.

Du konzentrierst Dich jetzt auf Dich, begründest das ausführlich:
„Das ist nicht egozentrisch, sondern nur natürlich,
denn bekanntlich dreht sich um die Sonne unser Erdenreich,
ein Mensch, der in sich ruht, verkörpert beides zugleich.“

Das heißt in andern Worten, mein Erdenschatz und Sonnenschein,
Du würdest nie behaupten, der Mittelpunkt der Welt zu sein –
zumindest nicht der ganzen, denn Deine kleine Welt
besteht ja nur aus Dir, so hast Du’s Dir zurechtgestellt.

Doch apropos Mittelpunkt, Du weißt ja gar nicht wo der ist,
Du suchst seit Neustem Deine Mitte, hast sie lange schon vermisst.
Ich find, Du solltest langsam mal den Flug nach Indien buchen,
da kannst Du fern von mir Deinen Kram zusammensuchen.

Das fandest Du wohl auch, denn kaum hatt’ ich’s ausgesprochen,
war’n Deine Sachen schon gepackt und Du bist aufgebrochen
und machtest Dich auf jenen Weg, der Dich zu Dir selber führe,
schriebst mir eine Karte: „Es ist toll, wie ich mich spüre …“

„Gespürt hast Du Dich sicher“ – das war es, was ich dachte,
als man mir acht Wochen später diese Nachricht überbrachte:
Du sei’st glatt erstochen worden, als Du meditiertest
und Dich grad entspannt auf Deine Mitte konzentriertest.

Der Täter war ein Bauer, der war völlig ausgerastet,
ihn hatten Schulden wegen seines Maisfelds überlastet,
deshalb war er mit dem Drang nach Rache losgezogen
und westlichen Gesichtern ohnehin schon schlecht gewogen.

Doch Du bist Dir bis zu Deinem Ende treu geblieben,
zumindest hat ein Zeuge das später so beschrieben:
Du konntest den verrückten Mörder zwar schon nahen hören,
aber sprachst: „Ich lasse mich von Äußerem nicht stören.“

Die andern sind gefloh’n und Dich hat nichts aus der Ruh gebracht,
der Bauer hat dann kurz darauf Frikassee aus Dir gemacht.
Fast bis zur Unkenntlichkeit warst Du danach verschwunden,
doch später hat man immerhin Deine Mitte noch gefunden.

Published inDas Lachen der OhnmächtigenKabarettprogrammeLieder

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