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Monat: Dezember 2013

Große Weihnachtsgefühle

Das Jahr ist leider unablässig
in weiten Teilen ziemlich stressig,
weshalb sich alles weit und breit
auf eines freut: die Weihnachtszeit.

Was hat man doch zurückgesteckt,
wie häufig hielt man sich bedeckt,
was hat man alles doch geschickt
bis zum Dezember unterdrückt!

Und nun – das Jahr ist bald vorbei,
die meisten Menschen haben frei
und können endlich mal genießen,
was sie ein Jahr lang liegen ließen.

Denn vieles ist zu kurz gekommen:
Zum Beispiel hat man sich benommen
an Orten, wo man mehr und mehr
zu gerne ausgerastet wär.

So mancher hätt sich fast geprügelt
und hat sich schließlich doch gezügelt
und trug ein Lächeln durch das Jahr,
obwohl ihm oft zum Kotzen war.

Zwar kann es wochenlang gelingen,
sich selbst zur Höflichkeit zu zwingen,
doch hält das niemand ewig aus
und eines Tages platzt es raus.

Und kaum ertönt das „Stille Nacht“,
hat’s irgendwo bereits gekracht,
denn alles, was sich angestaut,
wird jetzt zur Weihnacht abgebaut!

Da hat man Muße, Zeit und Ruh
und kommt nun endlich mal dazu,
zu teilen, was man in sich trägt,
indem man allerlei zerlegt.

Verwandte länger zu verschonen,
erscheint bei allen Aggressionen,
die da sind, wenig angebracht,
trotz viel zitierter „stiller Nacht“.

Im Gegenteil: Es trifft sich gut,
dass diese angestaute Wut
ein Ziel (das man „Verwandtschaft“ nennt)
für jede Art Entladung kennt.

Denn für die Zukunft heißt das auch:
der heilige Dezember-Brauch
bleibt Fläche für die Projektion
von unterdrückter Aggression

und fängt auf diese Weise auf,
was sonst in jedem Lebenslauf
mit Sicherheit zur Folge hätt:
Die Menschen wär’n noch selt’ner nett.

Wer immer sich am Weihnachtsfest
(und sonst nur selten) gehen lässt,
der hat, obwohl man kaum dran denkt,
sein Umfeld damit reich beschenkt.

Am Ende bleibt ja stets zu hoffen:
Wenn Menschen sich am Festtag zoffen,
wird dieser Streit demnächst vermieden.
So bringt die Weihnachtszeit den Frieden!

Michael Feindler 2013