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Monat: Juni 2014

Finale

Das Stadion war bis zum Rand gefüllt,
gespannt saß jeder Fan auf seinem Sitz,
als zweiundzwanzig Spieler festen Schritts
den Platz betraten – ein vertrautes Bild.

Die Fußballprofis schauten ernst nach oben
und fuhren mit den Blicken durch die Ränge.
Und nach und nach verstummten Fan-Gesänge,
die sich sonst regelmäßig laut erhoben.

Die Menschen fühlten sich zunächst gehemmt,
doch konnten sich der Stimmung nicht entziehen.
Die Instrumente, die die Hymnen-Melodien
erklingen ließen, wirkten plötzlich fremd.

Und keiner sang – schon gar nicht von „Nation“ –
und niemand führte Richtung Herz die Hand.
Die eine Mannschaft wie die andre stand
nur da, sie sprachen keinen Ton.

Dann setzten sich die Spieler, weiter wortlos,
entschlossen auf den frisch gemähten Rasen,
als wäre dieser Wettkampf abgeblasen
und unter ihnen nicht die Lust am Sport groß.

Ihr Schweigen füllte bald das Stadion,
denn nach und nach verstummte auch das Raunen
der Fans. Man konnte wirklich nur noch staunen
und alle waren wie gelähmt davon,

dass niemand auf dem Platze Fußball spielte.
An diesem höchst bemerkenswerten Tag
die Mannschaft einfach auszupfeifen, lag
den Menschen völlig fern, weil jeder fühlte:

Hier ging’s um mehr als bloß ein Fußballspiel.
Um was genau? Das würde sich noch zeigen.
Zumindest glaubte man, das lange Schweigen
wär sicher nicht das eigentliche Ziel.

Nach anderthalb geschlag’nen stillen Stunden,
erhob sich dann ein Spieler auf dem Platz,
durchbrach das Schweigen endlich mit dem Satz:
„Wir danken Euch und fühl’n uns Euch verbunden!“

Ein anderer (vom gegnerischen Team)
erhob sich ebenfalls und sagte laut:
„Wir haben Euch schon immer mehr getraut
als jenem unbarmherzigen Regime,

das große Stadien mit Blut errichtet,
das ganze Staaten in die Ecke drängt,
das die Gesetzeslage stark verengt,
das Menschlichkeit für den Kommerz vernichtet.

Und deshalb rufen wir Euch dazu auf,
mit uns das einzig Richtige zu wagen,
und diese FIFA endlich zu zerschlagen!
Wir nahmen sie schon viel zu lang in Kauf.

Denn erst, wenn dieser Kampf gewonnen ist,
führ’n wir die Kämpfe auf dem Rasen fort.
Der Tod der FIFA heißt: Es lebt der Sport!
Vermutlich ist korrupt, wer das vergisst!

Wir wollen mit Euch allen aufbegehren,
um ohne den bestehenden Verband
schon möglichst bald in jedem Fußball-Land
zu einem fairen Spiel zurückzukehren.“

Was dann geschah, ist leider nicht bekannt.

Michael Feindler 2014