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Die Sonntagsantwort

oder: Vom Sympathieverlust in der Wahlkabine

Die Sonntagsfrage wurde oft gestellt
und mancher Bürger äußerte direkt,
was er von der Parteienlandschaft hält,
und welcher Grund dafür dahintersteckt.

Wobei – es geht nicht immer um Parteien,
der Schwerpunkt liegt auch kaum auf Wahlprogrammen.
Drum fassen viele Wähler bei der freien
Entscheidung ihre Haltung so zusammen:

„Ach, wissen Sie, der Spitzenkandidat
ist nicht der Richtige für Volk und Staat.
Warum? Ich weiß, das klingt jetzt etwas hart:
Der Mann ist nun mal wirklich kein Sympath!
Ich mag den nicht, von seiner ganzen Art,
der hat noch nicht mal einen hübschen Bart
und wirkt schon so als ob er ungern spart,
kurzum: der Kandidat hat kein Format!
Die Lage ist doch heut schon desolat
und kommt dann einer, der nur selten Skat
(stattdessen Schach) spielt, hab ich einen Rat
für Wähler ohne Präferenz parat:
Kürt diesen Redner nicht zum Mann der Tat,
bloß weil er mal um Eure Stimme bat.

Bei diesem Typen kommt mir oft das Grauen!
Da hilft’s, die Kandidatin anzuschauen,
denn ihr ist einiges noch zuzutrauen –
zum Wohle aller Kinder, Männer, Frauen.
Die wirkt schon so als könnt man auf sie bauen,
die würde weder andere beklauen,
noch Gegnern aus Prinzip den Spaß versauen.
Sie zählt für viele Menschen zu den Schlauen,
drum scheint das nächsten Sonntag hinzuhauen …“

Und so entscheidet sich auch diese Wahl
(trotz Mangel an Vertrau’n und Euphorie)
kaum inhaltlich, doch stark durch Personal
und Wertungen bezüglich Sympathie.

Dann hat der Wähler sicher das Gefühl,
er handle mündig, klug und demokratisch.
Für eine Republik ist dieser Stil
des Wählens aber ziemlich unsympathisch.

Michael Feindler 2013

Published inGedichteMonatsgedichtePolitik

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